In dicken Pinselschwüngen ziehen sie sich an den Wänden entlang: Wellen über Wellen. Wie ein wohliges Wogen in freundlichen Farben, das den Gast von einem Raum in den nächsten begleitet. Seinen großen Auftritt im Museum Morsbroich nutzt Diango Hernández für ein karibisches Gesamtkunstwerk. Zu den Wellen kommen Palmenblätter in Plexiglas, Kronleuchter, auf denen statt der Birnen Apfelsinen stecken. Und Bänke, die sich – mit Südseesand belegt – in Sandbänke verwandeln. Den Diktator hat der kubanische Künstler kurzerhand ins »Aquarium« verbannt, auf dass Fidel, der Vielredner, das Leverkusener Idyll nicht störe.
Der exotische Sonntag im Museums-Schloss wirkt noch nach, als man sich zwei Tage später auf den Weg nach Düsseldorf macht. Seit bald zehn Jahren arbeitet Hernández hier in einer ehemaligen Firma für Projektoren. Allerdings mit Unterbrechung: Es ist noch gar nicht lange her, da sei das Atelier dermaßen zugemüllt gewesen, dass die Tür kaum aufzubekommen gewesen sei. Monatelang mied er seinen Arbeitsraum; es muss eine Art Schaffenskrise gewesen sein, die er inzwischen offenkundig überwunden hat.
Eine Reise in die Heimat brachte ihn auf andere, inspirierende Gedanken. »Erstmals konnte ich die Realität in Kuba aus einer großen Distanz sehen und mich Dingen nähern, die ich vorher nicht wahrgenommen habe.« Auf die Reise folgte eine radikale Aufräumaktion, die drei Container voll Unrat aus dem Studio beförderte. Jetzt sieht es wieder ziemlich ordentlich aus. Tief entspannt sitzt Hernández in seinen dunkelgrünen Ledersessel gesunken. Das Outfit passt zur Haltung: weiter Pulli, lässige Hose aus gemütlichem Sweat-Stoff, ein voller, überwiegend weißer Bart, das noch dunkle Kopfhaar zum modischen Dutt verknotet.
Auf dem Tisch liegen ein paar Leinwände, die sein aktuelles Wellenmotiv ins marktgängige Format überführen. Ganz groß sah man solche Wogen bereits 2015 auf der Art Basel. Auch im Düsseldorfer K21, wo Hernández
zur Zeit einen Künstlerraum bespielt, tauchen sie auf und machen sich gut in Verbindung mit Orangen-Leuchtern. Auf Schloss Morsbroich kann man komplett eintauchen in die neue Werkgruppe. Hernández feiert sie dort auf zwei Etagen und ist überzeugt, mit den neuen Arbeiten etwas gefunden zu haben, das sein Leben sogar noch »erstaunlicher« machen werde.
Geht das überhaupt? …